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Die Geschichte vom Hammer
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er,
nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also
beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen.
Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar
ihm den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte
er ihn nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber
vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat
etwas gegen ihn. Und was? Er hat ihm nichts angetan;
der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von ihm ein
Werkzeug borgen wollte, er gäbe es ihm sofort. Und warum
sein Nachbar nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen
so einfachen Gefallen ausschlagen? Leute wie der Kerl
vergiften einem das Leben. Und dann bildet der Nachbar
sich noch ein, er sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er
einen Hammer hat. Jetzt reicht’s ihm aber wirklich. Und
so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch
noch bevor er „Guten Morgen“ sagen kann, schreit ihn
unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“
(aus Paul Watzlawik, Anleitung zum Unglücklichsein)

 

Zwei Mönche
Zwei Mönche waren auf der Wanderschaft. Eines Tages kamen
sie an einen Fluss.
Dort stand eine junge Frau mit wunderschönen Kleidern. Offenbar
wollte sie über den Fluss, doch da das Wasser sehr tief war,
konnte sie den Fluss nicht durchqueren, ohne ihre Kleider
zu beschädigen.
Ohne zu zögern ging einer der Mönche auf die Frau zu, hob sie
auf seine Schultern und watete mit ihr durch das Wasser. Auf
der anderen Flussseite setzte er sie trocken ab.
Nachdem der andere Mönch auch durch den Fluss gewatet war,
setzten die beiden ihre Wanderung fort.
Nach etwa einer Stunde fing der eine Mönch an, den anderen zu
kritisieren: “ Du weißt schon, dass das, was du getan hast,
nicht richtig war, nicht wahr? Du weißt, wir dürfen keinen
nahen Kontakt mit Frauen haben. Wie konntest du nur gegen
diese Regel verstoßen?“
Der Mönch, der die Frau durch den Fluss getragen hatte, hörte
sich die Vorwürfe des anderen ruhig an. Dann antwortete er:
„Ich habe die Frau vor einer Stunde am Fluss abgesetzt – warum
trägst du sie immer noch mit dir herum?“
(frei nacherzählt, The Wisdom of  Zen Masters)